Synästhesie von Künstlerin Vania Petkova in der Christuskirche
Grevenbroich. Bilder und Töne gehören für Vania Petkova untrennbar zusammen. „Wenn ich Musik höre, erscheinen in meiner Vorstellung Farben, Formen und Strukturen,“ erklärt sie. Das ist schon seit der Kinderzeit so. Das Schaffen von Bildern hat die gebürtige Bulgarin zum Beruf gemacht. Sie studierte an den Kunstakademien in Sofia und Düsseldorf und arbeitet heute als Malerin. Die Synästhesie, also den Seh-Eindruck beim Musikhören, nimmt sie seit 1992 gezielt in ihre Arbeit auf. Eine musikalisch inspirierte „Lichtmalerei“ zeigte Petkova am Sonntag in der Christuskirche. Als Partner trat der Violinist Paul Rosner auf. Auf dass dem Publikum Hören und Sehen vergeht: Violinist Paul Rosner vor demFarbenspiel. (Foto: Uli Engers) Für Klassik-Kenner ist der aus Russland stammende Rosner kein Unbekannter. Er studierte am Moskauer Tschaikowsky-Konservatorium bei David Oistrach und hat in den letzten Jahren das gesamte Violinwerk von Johann Sebastian Bach zu einem Schwerpunkt seines Schaffens gemacht. Der Leipziger Thomaskantor stand mit den Violinsolo-Werken Sonate Nr. 2 a-moll und der Partita h-moll im Mittelpunkt des gut besuchten Konzerts.
Zusammenwirken von abstrakten Bildern und barocken Klängen
Vervollständigt wurde das Programm durch die Mysteriensonate Nr. 16 von Heinrich Ignaz Franz Biber. Eine Generation vor Bach, galt Biber als bedeutendster Geiger seiner Zeit. Er entwickelte neue Spieltechniken und testete im Experiment die Möglichkeiten des Instruments bis an die Grenzen des Machbaren aus. Also genau das Richtige für den Könner Rosner. Die Malerin Petkova arbeitet eigentlich gern mit zeitgenössischer Musik. „Schließlich bin ich eine zeitgenössische Malerin.“ Umso spannender war für sie das Zusammenwirken ihrer abstrakten Arbeiten mit den Barock-Klängen. Die Bilder sind mit bunter Tinte auf Overhead-Folien gemalt und auf die weiße Altarwand projiziert. Tatsächlich zeigen sie ihre volle Wirkung erst an der Wand. Wenn die Farbe beispielsweise viele Licht schluckende Pigmente enthält, wirkt selbst eine knallblaue Folie als Projektion nur mattgrau. Früher malte Petkova live während der Konzerte – eine ungeheure kreative Anstrengung. Doch auch das scheinbar simple Auswechseln der Folien fordert die Aufmerksamkeit der Künstlerin, denn jeder Wechsel muss auf die Musik abgestimmt sein, aber jedes Konzert verläuft ein wenig anders. Deshalb braucht es den Menschen am Projektor, sagt Petkova: „Kein vorproduzierter Film kann das leisten.“ Das Publikum dankte den Künstlern für die kongeniale Doppelleistung mit stehenden Ovationen.
Westdeutsche Zeitung 28. Februar 2007 von Inge Hüsgen